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Unterricht und Training via Skype, Zoom & Co – Chancen und Gefahren

Pädagog*innen in verschiedensten Einrichtungen und Trainer*innen im Sport und Freizeitbereich sind für Kinder und Jugendliche wichtige und prägende Personen. Verantwortungsvoll durchgeführt kann durch achtsame Vermittlung von Wissen und die Anleitung von Übungen das Leben von Kindern in vielerlei Hinsicht positiv beeinflusst werden. Sei es als Vorbild, als Motivator*in oder auch als mögliche Hilfsperson.

Aufgrund der COVID 19 Maßnahmen fanden und finden nun vermehrt Unterrichts- und Trainingseinheiten per Zoom oder Skype & Co statt, was auch einige Vorteile hat. Online Unterrichts- und Trainingseinheiten bieten zeitliche und räumliche Flexibilität und passen sich an die aktuellen Lebensumstände  der Kinder und Jugendlichen an. Allerdings bedarf es eines sehr verantwortungsvollen Umgangs und einer klaren und schützenden Haltung der Pädagog*innen und Trainer*innen – ganz besonders bei einem Training von und mit Minderjährigen.

Dazu haben wir im Folgenden einige Tipps zusammengestellt, wie auch hier ein wirksamer, respektvoller und gewaltfreier Umgang gelingen kann:

  1. Bereiten Sie sich gewissenhaft vor und fördern Sie die Transparenz

Vorab gilt es, auf die derzeitigen Möglichkeiten mit Positivformulierungen aufmerksam zu machen und passende organisatorische und strukturelle Rahmenbedingungen für die Einheiten zu schaffen.

  • Termine vereinbaren und Information über zeitliche Dauer geben
  • Identität der Teilnehmenden muss vor Beginn der Videokonferenz festgestellt werden (z. B. Skype-Adresse per SMS schicken lassen)
  • Risiken der Datenübertragung via Internet vorher abklären (z. B. unbefugten Zugriff Dritter auf (sensible) Daten verunmöglichen)
  • Das Einverständnis für Unterricht oder Training per Skype oder Videokonferenz ist vor Termin unbedingt von der teilnehmenden Person einzuholen – bei Kindern vom obsorgeberechtigten Elternteil. Dies sollte nach Möglichkeit schriftlich z. B. in Form von E-Mail, Skype-Nachricht oder SMS geschehen. Mögliche Formulierung: Ich, Name (ggf. Verhältnis zum Kind), bin damit einverstanden, dass die Unterrichts-/Trainingseinheit auch per Skype oder Zoom stattfindet.
  1. Seien Sie sich Ihrer Rolle bewusst

Klar definierte Rollen ermöglichen einen respektvollen  Umgang miteinander. Die Bedingungen und Ziele, sowie vorgegebene Abläufe und das Setting bestimmen die unterrichtsbezogene und damit aufgabenorientierte Beziehung zwischen Pädagog*in/ Trainer*in und Anzuleitenden: Eine unterstützende Erwachsenen-Kind-Beziehung mit dem Ziel, gemeinsam zu lernen oder zu üben. Durch eine Verwischung dieser Beziehung durch die Kommunikation über digitale Medien besteht die Gefahr, „aus der Rolle“ zu fallen. Bleiben Sie sich auch online Ihrer Rolle bewusst und reflektieren Sie die damit einhergehende Autoritäts- oder Machtposition!

  1. Professionelle Atmosphäre im Privaten schaffen

Zu Beginn einer Einheit ist es wichtig, abzuklären, ob und wer noch im Raum ist bzw. unvermutet hereinkommen kann und dass diese Personen über den Bedarf einer störungsfreien Zeit und Raumnutzung informiert wurden. Alle Teilnehmenden sind zu informieren, wer sie auch digital sehen oder hören kann. Die gewohnte private Umgebung verleitet manchmal zu einem legeren und vertrauteren Umgang. Gerade deswegen ist es umso wichtiger, dass das Vertraute nicht zu unangemessenen Vertraulichkeiten verführt. Die Leitfrage könnte sein: Würde ich auch so sprechen oder handeln, wenn ich mit diesen Menschen in Schule oder Verein vor Ort bin?

  1. Achten Sie auf den Rahmen

Sorgen Sie für einen zeitlich und räumlich angemessenen und möglichst ungestörten Rahmen. Richten Sie Ihren Arbeitsplatz vorab her (z. B. Wasserglas, notwendige Unterlagen, usw.). Wählen Sie einen neutralen Hintergrund und überlegen Sie vorab, welche privaten Gegenstände sichtbar sind. Es liegt ebenso an Ihnen, wie auch am Gegenüber einen angemessenen Rahmen einzufordern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass sich der Beginn einer Online-Einheit durch technische Herausforderungen verzögern kann (ggf. Übermittlung eines Anforderungs-Infoblatts zu technischen Vorbereitungen im Vorfeld).

Beim Unterrichten von Minderjährigen ist zudem ein 6-Augenprinzip wünschenswert. Das heißt eine weitere Person sollte anwesend sein. Ist dies nicht der Fall oder aus anderen Gründen nicht möglich, sollten andere Vorsichtsmaßnahmen wie das Prinzip der offenen Tür eingehalten werden.

Der/Die Pädagog*in/Trainer*in hat auch die Verantwortung für den Umgang der Minderjährigen untereinander. Durch die gefühlte Anonymität und Distanz entsteht ein höheres Risiko an Einschüchterung, sexueller Belästigung oder Cyberbullying zwischen den Minderjährigen. 

Achten Sie zudem darauf, dass die Online-Unterrichtsumgebung sicher ist/bleibt. Dabei sind z. B. Phänomene wie das sogenannte „Zoombombing“ zu beachten (eine Videokonferenz wird gehackt und es erscheinen plötzlich unangemessene, verstörende Bilder/Videos am geteilten Bildschirm).

  1. Achten Sie auf Verhalten und Erscheinung

Kleiden Sie sich angemessen und sorgen Sie insgesamt für ein passendes äußeres Erscheinungsbild und achtsames Verhalten auch in Ihren Bewegungen. In der Wortwahl der Anleitungen sowie bei Rückmeldungen ist auf sachliche und neutrale Formulierungen und Benennungen zu achten. Vermeiden Sie jedenfalls bewertende sowie sexistische, insbesondere sexualisierende Aussagen.

Bsp.: Eine Jugendliche trägt ein Trägerleibchen, das immer wieder verrutscht. Hier liegt es an Ihnen, die Jugendliche respektvoll zu bitten, angemessene Kleidung zu tragen bzw. auf diesbezügliche Richtlinien zu verweisen und darauf, dass diese auch außerhalb des Unterrichts gelten sollten.

  1. Machen Sie sich mit der Technik und digitalen Möglichkeiten vertraut

Klären Sie die Qualität des Internetempfangs vorab. Messengerdienste verfügen über viele nützliche Funktionen, die hilfreich eingesetzt werden können. Wesentlich ist es, über das technische Know-how zu verfügen, eine Einheit vorab zu planen, andere gezielt dazu einzuladen sowie Kamera und Mikrofon rasch ein-/ausschalten zu können. Einigen Sie sich darüber, wer wen sehen oder hören kann und ob zum Beispiel Musik eingespielt wird. Auch wenn sich vielleicht manche Jugendliche mit Skype und Co besser auskennen als Sie selbst, ist es doch wichtig, dass Sie sich selbst damit vertraut machen, um ggf. rasch und effizient agieren zu können. Oft können bei technischen Schwierigkeiten andere rasch weiterhelfen.

Bsp.: Während des Unterrichts muss der/die Pädagog*in/Trainer*in auf die Toilette nebenan. Er vergisst, das Mikrofon auszuschalten, und die Schülerin hört alles mit.

  1. Bild- und Tondatenspeicherungsregeln vereinbaren

Es sind klare Regelungen zu treffen, wer etwaige Aufnahmen von Einheiten wofür verwenden darf. Speicherungen von Unterrichtseinheiten bedürfen der Zustimmung aller Teilnehmenden bzw. deren gesetzlicher Vertreter*in. Die Art der Nutzung der Materialen (wer darf wem eine Aufnahme zur Verfügung stellen) bzw. gegebenenfalls deren Downloadmöglichkeit ist ebenfalls vorab zu vereinbaren.

Bsp.: Eine Trainerin zeigt bei Gruppe B eine Aufnahme einer Trainingseinheit mit Gruppe A als Beispiel, wie etwas nicht richtig gemacht wird.

  1. Seien Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst

Für alle oben angeführten Punkte gilt: Die Verantwortung für den Ablauf einer digitalen Unterrichtseinheit liegt bei Ihnen. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass Grenzen und Rollen auch in der digitalen Kommunikation gewahrt bleiben. Die üblichen Richtlinien und ein eventueller Verhaltenskodex gelten selbstverständlich auch bei Unterricht und Training via Skype, Zoom & Co weiterhin.

Besprechen Sie sich bei Unsicherheiten mit Kolleg*innen, denn Qualität und Schutz können nur gemeinsam hergestellt werden. Bei Unsicherheiten gilt immer das 4-Augen-Prinzip. Ist diese Übung für Zoom geeignet? Wie kann man praktische Übungen anleiten, ohne mittels Körperkontakt zu korrigieren? Wie spreche ich bestimmte Körperteile an?

Es ist wahrscheinlich, dass Ihre Kolleg*innen teilweise vor denselben Herausforderungen stehen wie Sie. Vielleicht gibt es auch seitens Ihrer Organisation schon Vorgaben oder Leitlinien zu dem Thema.

Nehmen Sie bei all den Herausforderungen und Unsicherheiten dieser für alle außergewöhnlichen Zeit Ihre Rolle als Vertraute*r und Helfer*in wahr. Vielleicht gibt es auch in Ihrer Gruppe Kinder oder andere, die gerade jetzt großen psychischen Belastungen ausgesetzt oder sogar Opfer von Gewalt sind. Bringen Sie sich als mögliche Vertrauensperson ins Spiel. Gerade jetzt brauchen Kinder und Jugendliche Vertrauenspersonen, die ihnen zuhören, die Signale richtig einordnen können und ihnen gegebenenfalls helfen. Als Trainer*in/Lehrer*in, als Unterstützer*in, als Vorbild!